2025-06-29 586: Annas Weg zur Notfallsanitäterin
Anna kam vor sechs Jahren ohne Deutschkenntnisse nach Berlin – und erlebte einen Kulturschock. Ganz allein, ohne Freunde, aber mit viel Mut stellte sie sich zahlreichen Herausforderungen. Heute macht sie eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin – und sagt: „Diese Ausbildung hat mich gerettet.“ In dieser Folge erzählt Anna von ihrem Weg, den Hürden, die sie überwunden hat, und ihrem Alltag im Rettungswagen. Transkript und Vokabelhilfe Werde ein Easy German Mitglied und du bekommst unsere Vokabelhilfe, ein interaktives Transkript und Bonusmaterial zu jeder Episode: easygerman.org/membership Sponsoren Hier findet ihr unsere Sponsoren und exklusive Angebote: easygerman.org/sponsors Intro Hast du eine Idee für unseren Podcast oder möchtest deine Geschichte teilen? Dann schreib uns auf: easygerman.org/youridea Thema der Woche: Annas Ausbildung zur Notfallsanitäterin Club Dialog Als Migrantin zur Migrationsberaterin (Easy German Podcast 279) Karriere bei der Berliner Feuerwehr Annas Podcast: Берлин, начать с нуля Wichtige Vokabeln in dieser Episode der Tierarzt: Arzt, der sich um kranke oder verletzte Tiere kümmert altmodisch: nicht mehr modern, dem früheren Stil entsprechend der Ausbildungsplatz: Stelle, an der man eine berufliche Ausbildung macht der Notfallsanitäter: Fachkraft, die bei medizinischen Notfällen erste Hilfe leistet jemanden alarmieren: jemanden über einen Notfall informieren und Hilfe anfordern die Berufsmesse: Veranstaltung, auf der sich Berufe und Ausbildungsbetriebe präsentieren Support Easy German and get interactive transcripts, live vocabulary and bonus content: easygerman.org/membership
Hallihallo zurück im Easy German Podcast. Ich begrüße dich, Manuel. Ich begrüße dich, Cari, und wir begrüßen dich, liebe Anna. Wir haben heute einen Gast. Sie heißt Anna und kommt aus Russland. Und warum haben wir diesen Gast, Cari? Sagt doch erstmal hallo, Anna. Hi, Leute. Wie unhöflich von mir. Ja, Anna ist eine von denjenigen, die uns von alleine geschrieben hat. Das könnt ihr auch machen, wenn ihr sagt, boah, ich habe eine interessante Geschichte für den Easy German Podcast. Dann geht man auf easygerman.org slash youridea, also deine Idee. Da kann man dann Ideen geben und sagen, hey, lass uns doch mal über das sprechen. Oder man kann auch sagen, ich möchte mich gerne selbst vorschlagen als Gast für einen Podcast oder ein Video. Und genau das hast du gemacht, Anna. Ja, richtig. Und deswegen haben wir heute ein Thema der Woche. Unser Thema der Woche, Anna, bist du? Und deine Ausbildung in Deutschland. Erzähl doch erstmal, woher kommst du und seit wann wohnst du in Deutschland? Ja, erstmal vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich schon, hier zu sein. Ich bin, ja, wie immer Anna. Ich komme aus Russland und ich wohne seit sechs Jahren in Deutschland. Also Berlin ist mein erster Staat. Also in Berlin hast du jetzt sechs Jahre gewohnt. Tolle Stadt. Gefällt sie dir oder? Jetzt schon, ja. Deine erste Stadt. Planst du schon den Umzug in weitere deutsche Städte? Nee, jetzt noch nicht. Aber ich habe schon ein paar Städte besucht. Also habe ich was anderes gesehen auch. Okay. Und was sagst du? Ist Berlin the place to be oder sind andere Städte in Deutschland auch schön? Ihr kommt darauf an, was man will, also was man von einem Staat erwartet oder braucht. Ja, aber an sich Berlin gibt sehr viele Möglichkeiten, die andere Städte vielleicht nicht geben. Das stimmt. Woher kommst du in Russland? Die letzten acht Jahren habe ich in Moskau gewohnt. Aber ursprünglich komme ich aus einem sehr kleinen Staat, der 400 Kilometer von Moskau entfernt. Das heißt, du hast dir aber auch in Russland schon ausgesucht, ich gehe in die größte Stadt, wo es am meisten Action gibt. Ja, in Russland ist es sehr typisch, dass man versucht immer in eine größere Stadt zu kommen. Genau. Man bleibt nicht in einer kleinen Stadt. Und erzähl uns mal, was hast du denn vor deinem Umzug gemacht? Also du bist dann 2019 nach Deutschland gekommen. Wie sah dein Leben vorher aus? Genau, ich habe 2017 mein Studium abgeschlossen. Ich hatte Tiermedizin studiert und eigentlich Tierärztin. Dann habe ich zwei Jahre gearbeitet als Tierärztin und dann plötzlich nach Deutschland gezogen. Plötzlich? Wieso plötzlich? Das hört sich so an, als wäre das eine Überraschung für dich gewesen. Ja, das war wirklich eine Überraschung. Mein Mann hat schon ja vor eine Weile gesagt, ich möchte irgendwann mal umziehen, aber hat nicht gesagt wann und wo hin. Genau. Ich dachte immer, das wird Amerika irgendwie. Keine Ahnung warum. Aber dann hat er gesagt, ich habe mich beworben beim LinkedIn, habe meine CV veröffentlicht und jetzt warten wir. Und genau nach zwei Wochen haben wir schon erste Antwort bekommen. Das war Helsinki. Und dann noch in zwei Tagen haben wir nach Lissabon ein Angebot bekommen und noch in zwei Tagen nach Berlin. Das war genau eine Woche. Und dann hat er gesagt, okay, jetzt kannst du wählen. Also das Ziel war nicht nach Deutschland zu ziehen, sondern das Ziel war erst mal aus Russland wegzuziehen. Ja. Helsinki, Lissabon, Berlin. Was hättest du gewählt, Manuel? Also ich bin ja großer Berlin-Fan, aber Lissabon soll schon auch sehr schön sein und ich glaube, der Winter dort ist schöner als in Berlin. Auf jeden Fall. Aber Lissabon war für meinen Mann zu warm. Zu warm. Aber du durftest es dir doch aussuchen. Genau. Helsinki war für mich zu kalt. Berlin war die Mitte. Genau. Berlin war eine sehr große Mitte. Genau. Coole Mitte, genau. Weil das war auch damals noch nicht weit von Moskau entfernt, nur zweieinhalb Stunden mit dem Flug. Und ich mochte immer Deutschland und eigentlich hatte sehr großes Interesse gehabt, in Deutschland zu sehen und zu entwickeln. Genau. Und deswegen Berlin war sehr cool. Du sagst damals nicht weit entfernt, weil heute gibt es keine Direktflüge mehr. Genau. Interessant. Wie viel wusstest du über Deutschland, als du nach Deutschland gezogen bist? Ja, nicht besonders viel. Aber ich wusste zum Beispiel, ich weiß nicht warum, dass in Deutschland man die Straßen mit einem Schaum so hält, damit es zu sauber ist. Keine Ahnung. Das hätten wir in der Schule erzählt bekommen. Und es war für mich so, oh, sie sind so cool. Die waschen in den Straßen so mit einem Schaum, so sauber. Straßenschampo. Ja, genau. Also Ordnung und Sauberkeit und alles, genau, dass alles, alles was aus Deutschland kommt, was steht Made in Germany, es halt total qualitativ ist. Also super qualitativ ist halt Autos und so weiter. Aber ja, Ordnung und Sauberkeit, das hatte ich schon gewusst. Und ich. Also das dachtest du, dass es so wäre? Ja, ja. Du hast dann gemerkt, es gibt keinen Straßenschampo in Deutschland. Ja, genau. Besonders in Berlin, ja. Okay. Genau, ja. Spannend. Du bist also nach Deutschland gekommen und hattest nicht so viel Wissen, aber grundsätzlich ein positives Bild. Ja, sehr positives. Das war 2019. Dann kam Covid. Dann hat sich einiges verändert, auch im deutsch-russischen Verhältnis. Aber mal ja zurück zu deiner Geschichte in Berlin. Ein bisschen weiter nach vorne gespult. Es gab dann irgendwann ein Moment, wo du gemerkt hast, hm, Berlin ist doch nichts für mich. Wie lange hat das gedauert? Wieso kam es dazu? Ja, es hat genau sieben Monaten gedauert, weil ja, es war, meine erste Zeit war sehr schwierig. Ich habe eigentlich ein bisschen mehr erwartet. So habe ich das festgestellt, weil Moskau ist halt total, keine Ahnung, so der Start, wo gibt es alles? Also und als ich nach Berlin kam, es war noch Zeit mit Bargeld, also wirklich richtig Bargeld. Wieso war es immer noch? Ja, ja, aber nicht so doll, weil danach kam Corona und dann wollen alle ja, zahl mal bitte mit der Karte, so halt und das hat sich schon geändert. Aber damals war nur, wenn du ohne Bargeld aus dem Haus raus war, dann hast du, kannst du nichts machen. Also wirklich. Und da hat wirklich mich komplett totgeschlagen, weil in Moskau haben wir schon mit Handy bezahlt. Also du brauchst kein Geldbeutel. Ich hatte kein Geldbeutel in Moskau gehabt. Und deswegen, ja, also einige Sachen waren zu alt für mich, also wirklich. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass in einem Kneipe, alles war so wie eine Baustelle und es hat funktioniert. Also in Russland, so eine Kneipe wird nicht überleben. Also es muss alles schick und toll sein. Und hier war ganz, ganz anderes alles. Altmodisch. Altmodisch, genau, genau. Ja, und und ich habe versucht, so halt diese sieben Monate irgendwie gute Sachen zu finden. Aber ich habe wirklich meine Augen nicht vom Boden. Du hattest den Kopf hängen. Du hast auf den Boden geschaut die ganze Zeit. Genau, ich habe Sprachschule besucht und zweieinhalb Monaten, seit zweieinhalb Monaten bin ich so, so den gleichen Weg gegangen und nach zweieinhalb Monaten hat mein Mann gezeigt, Anna, guck mal, hier gibt's Bachlava. Ich mag Bachlava und ich habe das nicht gesehen. Also ich habe seit zweieinhalb Monaten gegenüber dieses Gebäude, also immer jeden Tag war und dann habe ich das nicht gesehen. Einfach, weil ich immer auf den Boden geguckt habe. Also du hattest einen harten Kulturschock, kann man vielleicht sagen und warst dadurch fast so ein bisschen depressiv. Also hast du einfach. Genau, im Winter habe ich ja selber gesagt, okay, wenn ich brauche Hilfe und wenn nicht, dann ist es wird sehr schlimm. Also ich habe keine Freunde, ich habe keine Sprache, ich konnte kein Englisch, kein Deutsch. Englisch auch nicht. Englisch auch nicht, immer noch nicht leider. Genau und ich war immer zu Hause. Ich habe in der zweiten Woche in Berlin mich am Friedrichstraße verlaufen, weil ich hatte noch kein Handy, kein SIM-Card für Handy und habe sieben Leute gefragt, ich suche nach dieser Straße, können sie mir helfen? Und alle sieben waren nicht aus Berlin. Und dann nach sieben Menschen bin ich komplett so fast eine Panikattacke bekommen habe und wirklich habe ich so schlecht gefühlt, so alleine gefühlt und dachte mir, verführe das alles. Also wirklich ich war in Moskau, es ist nicht Heimatstadt, aber trotzdem meine Heimat und meine Muttersprache. Ich kann da alles klären und hier bin ich komplett alleine. Ich konnte niemandem um Hilfe bitten, sogar nicht. Und was mache ich eigentlich? Das war wirklich sehr hart für mich. Das ist eine Erfahrung, die glaube ich viele Menschen so ganz ähnlich machen, wenn sie nach Berlin kommen. Das haben wir schon oft gehört. Das ist gut, das mal so spezifisch und offen zu hören. Ich glaube, viele, die zuhören, werden nicken und sagen, genau das habe ich auch durchgemacht. Nicht nur Berlin, sondern allgemein in Deutschland. Und ich finde es interessant, weil du bist ja eigentlich in dem Sinne nicht freiwillig, also du bist freiwillig nach Deutschland gegangen, aber es war nicht deine Idee, deine Heimat zu verlassen. Und ich glaube, das erfahren ja viele Menschen aus verschiedenen Gründen. Mittlerweile gibt es auch viele Russen hier, die jetzt nach dem Krieg gegen die Ukraine hierhin gezogen sind, die auch gesagt haben, okay, ich muss weg aus Russland. Und ich meine, das ist jetzt nur ein Beispiel. Es gibt viele Menschen aus aller Welt, die nach Deutschland kommen, aus verschiedenen Gründen. Manche, weil sie es wollen und weil sie bestimmte Hoffnungen haben, andere auch einfach, weil sie keinen anderen Ort haben oder dass die nächste Destination ist oder weil sie vielleicht schon Verwandte hier haben und dann hier sind und einen Kulturschock haben. Wie geht es dir heute? Ja, heute ist schon viel, viel besser. Ja, ich habe diesen Zeitpunkt überstanden sozusagen und heute, ich mag Berlin. Ich würde sagen, ich kann mir mein Leben nicht in einer anderen Stadt vorstellen. Wie viele Monate ist das jetzt her? Also nach sieben Monaten hat oder in den ersten sieben Monaten hattest du diese Krise und jetzt bist du seit sechs Jahren hier. Genau, aber das hat sich so schnell nicht verändert. Ich glaube, das ist na ja, letzte drei Jahre vielleicht schon so. Okay, also ein langer Prozess. Ja, genau, auf jeden Fall. Ich habe mit mir selbst auch viel zu tun gehabt, deswegen auch. Genau. Und ja, aber jetzt kann ich merken, dass Berlin ist total unterschiedlich, sogar bezirkmäßig. Man kann, wenn man in Scharottenburg wohnt und dann nach Friedrichshain kommt, dann hat man auch Kulturschock. Ja, das stimmt. Also auf jeden Fall. Und dank meiner Arbeit und dank meiner Ausbildung kann ich auch verschiedene Orte in Berlin sehen, beobachten und so. Und ja, so sage ich so, man hat Möglichkeit. Wenn einem ein Bezirk nicht gefällt, man kann umziehen. Also es ist nicht einfach in Berlin, aber trotzdem, man kann es versuchen. Und als Hauptstadt, fast alles, Konzerts oder so was passiert in Berlin. Du musst nirgendwo noch dazu hinfahren oder hinfliegen. Und das ist auch sehr, sehr cool. Das stimmt. Deine Ausbildung hast du gerade schon erwähnt. Die hat eine Rolle gespielt. Aber ja, gerade bei diesem Thema Integration, sich wohlfühlen an einem neuen Ort, spielen viele Sachen eine Rolle, einen Job zu haben oder ein Ziel, eine Mission zu haben, Sprache zu lernen, Freunde zu finden, Menschen kennenzulernen. Wie hängt das alles zusammen für dich? Ja, das ist total voneinander abhängig, wenn man so sagen darf. Also das ist alles zusammen. Also das eine ohne andere nicht funktioniert. Ja, ich habe verstanden am Anfang, dass ich brauche die Sprache. Also auf jeden Fall. Ohne Sprache geht nicht. So sogar Englisch brauche ich nicht, nur Deutsch. Und ich hatte Glück, dass Deutsch ist halt meine Sprache. So ich meine, das gefällt mir. Also Deutsch mag ich mehr als Englisch. Und nach dieser Sprachefrage kam die Frage, was will ich machen? Ich habe viele Ideen gehabt, aber dann letztendlich hatte ich studiert und so. Und dann OK, wie geht es mit Studium? Wie geht es mit meinem Beruf? Geht es schlecht? Also leider in Berlin. Mein Studium ist nicht anerkannt. Und deswegen ganz überhaupt nicht, überhaupt nicht. Was war dein Studium vorher? Es war Tiermedizin. Und um das hier weiterzumachen zu können, musste ich mein fünftes Jahr wiederholen komplett an der Uni und dann noch 15 Prüfungen machen. Also das war schon hart. Ich habe mich zwar beworben also für das ganze Ablauf, aber ich meine, ich habe meinen Ausbildungsplatz schneller bekommen als die Antwort. Ein Ausbildungsplatz für jemanden, der noch nie gehört hat, was das ist. Es gibt Studium und Ausbildung. Was ist eine Ausbildung? Ja, eine Ausbildung ist Berufsausbildung, also Berufsausbildung. Ja, das ist kein Studium. Man macht das fast immer drei Jahren, zwei oder drei Jahren. Und das ist, ich weiß nicht, wenn man es sagt. Es ist ein besonderes System in Deutschland. Das gibt so in dieser Form in den meisten anderen Ländern nicht. Und es ist eine Mischung aus Schule. Also du bist zur Schule gegangen und man macht den Beruf meistens dann in einer Firma. In deinem Fall war es dann die Berliner Feuerwehr. Das heißt, du hast eine Mischung aus Schule und praktischer Erfahrung. Und nach drei Jahren hast du die Ausbildung abgeschlossen und kannst dann in diesem Beruf, das sind dann bestimmte Ausbildungsberufe, arbeiten. Ja, genau. Ja. Und deine Ausbildung war zur Notfallsanitäterin. Notfallsanitäterin. Ja, Marlowe. Das, ich kenne diesen Beruf. In meinem Cousin macht das auch. Aber ich glaube, den meisten Menschen ist vielleicht gar nicht so bewusst, was das für ein Beruf ist. Ja, was macht denn eine Notfallsanitäterin? Ja, wenn einfach gesagt, wir retten Menschenleben. Genau, ja, das machen wir. Wir fahren in einer Krankenwagen und wenn jemand uns braucht, dann helfen wir. Also in einem Krankenwagen im Alltag in Berlin hört und sieht man sie sehr oft, sind in der Regel zwei Leute. Genau, zwei Leute. Und zwar ein Notfallsanitäter und ein Rettungssanitäter. Und ein Rettungssanitäter. Das ist quasi noch mal eine bestimmte Hierarchie, glaube ich, auf dem Wagen. Also wer ist der Chef oder die Chefin? Und ihr fahrt dann dorthin, wo Notrufe eingehen. Das heißt, wenn jemand anruft und sagt, ich hatte einen Unfall, ich glaube, mein Bein ist gebrochen, dann werdet ihr alarmiert und fahrt dorthin. Genau. Und meistens ist oder ich glaube, es kommt ein bisschen auf die Stadt an. Aber in Berlin ist in den Krankenwagen kein Arzt, sondern eben ein Notfallsanitäter und ein Rettungssanitäter. Und ein Arzt kommt dann separat hinzu, wenn es nötig ist. Aber die meisten Fälle macht ihr ganz alleine. Genau. Der Notarzt hat seine eigene eigenes Wagen, Notarztwagen. Genau. Und er kommt bei bestimmten Stichwörtern kommt er mit dazu alarmiert. Also gleichzeitig sozusagen. Aber ja, in den meisten Fällen können wir schon selber abarbeiten. Aber wenn wir Hilfe brauchen oder der Fall ist zu kompliziert, dann können wir den Notarzt auch nach alarmieren selbst. Wow. Ich habe ja schon Angst vor solchen Situationen. Jetzt stelle ich mir vor, du bist ja immer noch neu in Deutschland, sprichst die Sprache noch nicht so gut. Das ist ja noch mehr Angstsituation. Wie hast du dich denn für diesen Beruf entschieden? Wie bist du da hingekommen? Ja, ich glaube, im ersten Jahr, als ich in Berlin war, habe ich ein erstes Mal Krankenwagen gesehen. Das war rot schön. Ich dachte, cooles Auto. In Russland, die sehen ganz anderes aus. Also wirklich. Du dachtest, cooles Auto. Cooles Auto, genau. Das war das cool. Genau. Und ja, und das dachte ich mir, okay, vielleicht in fünf Jahren würde ich mir trauen, das mich zu bewerben. Vielleicht irgendwann mal. Ich war damals, ich bin damals spazieren gegangen mit meiner einzigen deutschen Freundin. Und dann hat sie gesagt, naja, Anna, warum in fünf Jahren? Also das kann vielleicht schneller gehen auch. Ja, okay, ich dachte, ich habe das sogar könnte mir nicht vorstellen. Also wirklich. Und dann habe ich dann recherchiert. Wie kann man dazu überhaupt kommen? Also in dieses Beruf? Und es war kompliziert. Also wirklich die Webseite damals war sehr schlecht und für einen Ausländer gar nicht verständlich. Also da gab es viele Sachen, die man als Ausländer nicht kennt. Und für Nachfragen, ja, da war es zwar eine Frau, aber sie hat mir niemals geantwortet. Aha, also du hast erstmal E-Mails geschrieben. Woher wusstest du denn erstmal, wo man so eine Ausbildung macht? Ja, ich habe wirklich viel recherchiert und gibt es auch die Organisationen hier in Berlin, die helfen Ausländer. Das hat alles alles rauszufinden sozusagen. Wie heißt die? Das heißt Club Dialog in Berlin, der hilft besonders Russischsprachigen oder ukrainisch sprachigen Menschen. Das funktioniert schon seit 80 Jahren. Also das ist wirklich schon sehr lange. Das muss man vielleicht sagen. Es gibt verschiedene Migrationsberatungen, einmal selber organisiert. Das hört sich an wie eine private Organisation. Es gibt auch öffentliche Migrationsberatungen. Haben wir auch schon mal drüber geredet? In einer Podcast Episode vielleicht verlinken wir die noch mal. Also es gibt tatsächlich, wenn man verloren ist, auch Möglichkeiten, sich beraten zu lassen. Und du hast dann Beratung gesucht? Genau. Ich habe da Beratung gesucht beim Club Dialog und dann habe ich alle Messen besucht, die damals waren, weil war Corona Zeit. Es war sehr schwer. Hat fast nichts funktioniert, also weil alles geschlossen war. Was für Messen? Berufs-Messen? Genau, Berufs-Messen, Ausbildungs-Messen, genau. Also alles, was ich finden konnte damals. Und da war auch diesen Stand. Stand? Stand, genau Stand. Polizei, Feuerwehr. Und ich bin immer zur Feuerwehr gegangen und 1000 Fragen gestellt, weil ich 1000 Fragen hatte, weil alles unverständlich war für mich. Genau. Und ja, ich habe da viele Fragen beantwortet bekommen. Aber davor hatte ich auch also ein Praktikum gemacht im Krankenhaus. Und weil ich auch keine Antwort kriegen konnte, habe ich einfach bei RTW-Teams nachgefragt. RTW, was ist das? RTW, das ist das Krankenwagen. Also ich hatte Praktikum in einer Notaufnahme gemacht. Und da kommt immer wieder so Krankenwagen mit kranken Menschen sozusagen. Und ich habe da OK, jetzt habe ich diese Chance. Muss ich das? Muss ich das? Genau, nutzen. Und dann habe ich einfach RTW-Team angesprochen und habe gesagt, Jo, Leute, ich möchte Ausbildung auch machen. Ich habe aber 1000 Fragen, könntet mir was beantwortet. Und dann haben sie das gemacht. Also RTW, ist eine etwas komische Abkürzung, steht tatsächlich einfach für Rettungswagen. Ja, genau. Rettungswagen. Das wusste ich auch nicht. Wow. Also du hast dich ganz viel informiert und hattest irgendwie eine Faszination für die Feuerwehr, für den roten Krankenwagen. Fast forward. Wo stehst du heute? Ich stehe kurz vor meiner letzter Prüfung. Wow. Wann ist dies jetzt demnächst? Am Freitag. Wow. Dann drücken wir dir die Daumen. Dankeschön. Und du hast die Ausbildung also fast beendet. Ja. Wie hat sich dein Leben verändert? Ja, es hat mein Leben sehr stark verändert. Ich habe wirklich Menschen kennengelernt. Also ich kann jetzt sagen, dass ich habe mich gut integriert und ich habe auch so Mentalität, so deutsches Mentalität auch kennengelernt. Wie ist dir so die deutsche Mentalität? Sehr gut. Sehr gut. Sehr, sehr gut. Ja. Also eigentlich wir sind, also wenn man so sagt, Russen und Deutsche, also wir sind nicht weit voneinander. Also wirklich sehr nah als Amerikaner vielleicht. Sehr direkt. Ja, also ja, ich ich mag das, also Menschen zu helfen. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass es in Deutschland sehr viele Möglichkeiten gibt für Ausländer, so wie ich zum Beispiel so einen Beruf zu ausüben oder auszulernen. Und trotz dass also meine Sprache, man hört das auch nicht perfekt ist, aber alle Menschen, die ich getroffen habe in Ausbildung und im Praktikum, trotz meiner Sprache haben mir das vertraut und vertrauen mir immer noch so und sehen mich auch in dieser Beruf. Und ich habe niemals gehört, dass du es nicht schaffst oder deine Sprache ist zu schlecht oder deine Sprache ist dein Hindernis, ja, denn dir dieses Weg nicht ermöglicht. Also das habe ich niemals gehört. Das ist toll, oder? Das ist wunderbar. Ich würde mir vorstellen, dass ich da Angst vor hätte. Also wenn ich sowieso schon mich nicht gut fühle in Deutschland und viele Leute haben bestimmt auch diese Frage jetzt, wann ist denn meine Sprache genug, um mit einer Ausbildung anzufangen? Gerade in so einem kritischen Beruf wie deinem. Wie gut konntest du Deutsch vor drei Jahren? Ja, ich hatte nach eineinhalb Jahren Bett 2 Prüfung gemacht. Das war natürlich für Ausbildung, also für Bewerbungsablauf einfach schon. Und aber ich glaube, im ersten Lehrjahr ich hatte 30 Prozent verstanden. Wirklich? Ja, wirklich. Ich habe wirklich jedes Wort aufgeschrieben. Und das hat man auch so der daneben saß, hat auch gesehen und haben mir viele geholfen. So hatte ich das nicht verstanden. Sie haben das erklärt mit einfachen Wörtern oder anders gesagt. Und ich habe so ich glaube, im ersten Jahr ich habe mehr gesagt Entschuldigung, ich bin hier im Handy, nicht weil ich im Handy spiele, sondern weil ich übersetze, das alles. Ich muss das einfach. Und in meinem ersten Lehrjahr habe ich auch im Praktikum direkt gesagt, Deutsch ist nicht meine Muttersprache. Es tut mir leid. Aber ich gebe mir für Mühe. Aber wenn sie das langsamer sprechen können und halt ein bisschen einfacher Deutsch sprechen können, es wäre sehr hilfreich für mich. Also das. Und das war für mich total schwierig. Das war sehr schwer, das zu sagen, das halt zu bestehen. Das ist nicht meine Sprache und das ist total schwer. Wie ist das denn jetzt im Job, wenn du in einem Einsatz bist? Ich weiß, du arbeitest wahrscheinlich oft mit oder vielleicht täglich mit unterschiedlichen KollegInnen zusammen. Wird das dort akzeptiert, dass du vielleicht auch mal eine Frage hast oder dass du noch einen Akzent hast oder kriegst du da manchmal Probleme jetzt? Nee, so nicht. Von Kollegen nicht. Aber das ist schon nicht im Einsatz. Alltäglichen Sachen, wo ich halt nicht ein Wort nicht gut verstanden habe und dann habe ich den Wort benutzt und das war falsch. Und das führt zur komischen Situation so einfach lächerlich, aber nicht, dass es halt geschadet hat oder sowas. Im Einsatz hatte ich nie Probleme. Das kann einem ja wirklich Mut machen, dass man nach Deutschland kommen kann, die Sprache lernen kann und dann so eine Ausbildung machen kann innerhalb weniger Jahre und dass du sagst, selbst in einer Stadt wie Berlin, die manchmal ein bisschen kalt auch ist, darüber reden wir hier oft, dass man dann super eingebunden und integriert wird. Ja. Drei Jahre lang warst du in der Schule, bist Krankenwagen gefahren in der Praxis, hast wahrscheinlich noch andere Sachen gemacht in der Ausbildung. Was würdest du denn heute Menschen empfehlen, die jetzt in deiner Situation sind, in der du vor ja fünf Jahren warst? Du bist erst mal gekommen, dann hast du dich schlecht gefühlt, dann hast du dich informiert. Ja, was würdest du Leuten sagen, die heute sagen, oh, ich bin mir nicht sicher, ob ich hier bleiben soll. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Leute, die noch den Kopf hängen haben und noch auf den Fußboden schauen. Ja, auf jeden Fall den Kopf nach oben halten. Ja, also wirklich sich offenhalten oder Augen aufmachen, halt nicht in so einem Bubble bleiben mit Gedanken, da war besser und hier ist schlecht oder ich schaffe hier nie was. Also das darf man niemals sagen. Und man darf sich auch nicht über sich schlechter denken als über andere sozusagen. Man darf nicht sagen wegen Sprache, ich bin schlecht und die andere viel besser, weil sie auf jeden Fall die Sprache können. Und das hat auch Ausbildung. Habe ich im Ausbildung gelernt. Ich habe gesehen, dass die Leute, die können die Sprache, aber die einige Sachen funktionieren da auch nicht. Also sie haben einfach nicht gelernt oder das klappt einfach nicht. Irgendwelche Skills und dann habe ich das langsam so OK, du bist auch nicht schlecht. Und ja, ich würde sagen, man muss. Trotz Angst. In Angst gehen, also das machen, tun einfach, wenn man will, Ausbildung machen, man muss sich bewerben, man muss Ausbildung anfangen. Wenn das nicht gefällt, OK, man kann abbrechen und in anderen Ausbildung anfangen. Einfach probieren. Und je mehr man man probiert, desto besser es wird, desto weniger Angst man haben wird am Ende. Und Menschen hier sind wirklich sehr hilfsbereit. Unglaublich. Ich kann kein Beispiel geben, wo mich jemand nicht unterstützt hat in diesem Weg. Im Krankenhaus, im Praktikum, in der Ausbildung, sogar auf der Straße. Also so einfach so waren immer Menschen, die wollen immer helfen. Und sie wirklich sehr wenn ich versuche, was zu sagen, auf Deutsch, dann sie haben wirklich Geduld. Also wirklich Geduld. OK, es war gut so. Einige korrigieren, aber ich bin dankbar, wenn mich jemand korrigiert. Einige warten einfach. Und so eine Geduldigkeit. Ich glaube, das kennen nicht viele, die aus Russland oder aus russischsprachigen Ländern kommen, ja, weil da gibt es kein Geduld. Du hast gesagt, trotz Angst in die Angst gehen. Das finde ich ein sehr schönes Motto von deiner Geschichte. Also ich finde das faszinierend, dass du am Anfang diese ganz negative Sicht hattest und jetzt so positiv redest auch über Deutschland. Wie hat sich denn dein Bild von Deutschland verändert durch die Ausbildung oder nach der Ausbildung? Ist ja immer noch nicht alles perfekt, oder? Ja, ja, ich habe mal gedacht, gibt es so Kleinigkeiten, die die Deutschland so perfekt machen können, aber man kann die so einfach nicht ändern. Und das hat so viel mich sehr traurig gemacht. Wirklich. Dann habe ich das mit meinem Mann gesprochen und hat er gesagt, na ja, aber dann wäre Deutschland ein ganz anderes Land. Also wenn diese Kleinigkeiten nicht sich ergeben können. Also das ist halt. Ja, Deutschland ist wirklich sehr schön. Ich bin sehr, sehr stolz auf Deutschland, sozusagen. Also wirklich, weil sie hat sich so in den letzten Jahren so stark entwickelt, trotz alles, was nach dem Zweiten Weltkrieg war und diese Freundlichkeit und Hilfsbreitigkeit und alles, das ist einfach Wahnsinn für mich. Also wirklich, das ist so eine totale Akzeptanz. Ist meistens nicht immer gut, aber im Grunde genommen ist sehr gut. Und mittlerweile zahlen wir sogar mit Karte. Genau. Toll. Ja, eine sehr inspirierende Geschichte, Anna. Ich hoffe, dass es viele Leute hören und den Mut fassen, auch wenn sieben Leute auf der Straße nicht helfen. Die achte Person dann hilft oder nach ein paar Jahren alles so gut läuft wie bei dir. Wir quatschen noch ein bisschen weiter in unserer Aftershow. Genau. Ein paar Fragen haben wir noch für dich. Die Aftershow könnt ihr hören als Easy German Mitglied. Damit unterstützt ihr auch unsere Arbeit und die findet ihr, die Mitgliedschaft unter easygerman.org slash Membership. Danke, Anna, dass du da warst und deine Geschichte geteilt hast. Danke euch auch. Alles Gute, bis bald. Tschüss. Ciao. Copyright WDR 2021
